Anregung für die Durchführung von „Berlin, Europaplatz“ gab Georges Perecs berühmt gewordener Essay „Espèces d´espaces“ (1974).
Der Titel der deutschen Übersetzung von Eugen Helmlé, „Träume von Räumen“, bildet zwar das Klangspiel des Originals nach, unterschlägt jedoch einen wesentlichen strukturellen Hinweis. Denn tatsächlich liefert Perec über weite Strecken eine Klassifikation von Räumen, eine Unterscheidung nach „Arten“, vom leeren Blatt Papier über das Mietshaus, die Straße, das Stadtviertel, das Land bis zum Universum. Eingestreut in diese nach zunehmender Größe geordnete Darstellung sind Skizzen weiterer Projekte des Autors (z.B. zu dem Roman „Das Leben – Gebrauchsanweisung"), autobiographische Miniaturen und poetische Evokationen (z.B. zum „Unbewohnbaren“).
Von besonderem Interesse für unsere Arbeit waren diejenigen Abschnitte des Essays, in denen Perec seine Techniken der Raumerfassung demonstriert bzw. erläutert („praktische Übungen“). Gemeinsam ist diesen Anleitungen das Einziehen sog. „contraintes“, formaler und inhaltlicher Zwänge: Hatte sich Perec als Mitglied der Avantgardegruppe Oulipo beim Schreiben des Romans „La disparition“ beispielsweise den völligen Verzicht auf den Buchstaben „e“ auferlegt, so suchte er das ästhetische Vermögen u.a. durch rahmengebende Versuchsanordnungen und Beschränkung auf den sprachlichen Gestus des Protokolls auch bei der Erkundung von Räumen freizusetzen.
Zur Einführung in die Methode Perecs haben wir für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Workshops eine Auswahl aus „Träume von Räumen“ zusammengestellt. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des diaphanes Verlags. Die Sätze und Passagen, die Kristallisationspunkte für eine Reihe von Aufgaben und Aktionen „vor Ort“ bildeten, sind im Text farblich markiert.